Friday, 26th April 2024
26 April 2024

Fußball-Poet Menotti wird 80: Ein Trainer bekämpft „Terror der Systeme“

Ein stolzer Argentinier und erster Weltmeistertrainer der „Gauchos“: César Luis Menotti.


Der erste Sieg Argentiniens bei einer Fußball-Weltmeisterschaft bleibt auch 40 Jahre später kontrovers: ein linker Trainer feiert unter einer Militärdiktatur. Mit dem Titelgewinn 1978 wird César Luis Menotti zu einer viel diskutierten Figur der Zeit- und Fußballgeschichte.

Kaum einer spricht so poetisch über den Fußball wie César Luis Menotti. "Der Ball kann am Fuß und im Kopf einiger Spieler zum Kunstwerk werden", sagte er dem Sender Radio Mitre in einem Gespräch zu seinem 80. Geburtstag. Ein typischer Menotti. Auch 40 Jahre nach seinem größten Erfolg, dem Gewinn der Weltmeisterschaft 1978 im eigenen Land, wird der Argentinier noch gehört. Und über ihn wird diskutiert.

Das südamerikanische Land stand seit 1976 unter der Terrorherrschaft einer Militärdiktatur. Nach dem Scheitern der Nationalelf bei der WM 1974 in Deutschland war Menotti als Trainer der Gauchos angeheuert worden. Diktator Rafael Videla und die Militärs setzten große Hoffnungen in den Fußball und die WM, um internationales Prestige und Anerkennung zu erreichen.

Menotti, der in seiner Heimatstadt Rosario zum Mitglied der Kommunistischen Partei geworden war, versuchte, politische Äußerungen zu vermeiden, die als Unterstützung der Militärs verstanden werden konnten. Später sagte er: "Meine Spieler haben die Diktatur der Taktik und den Terror der Systeme besiegt", was sich als Kritik am politischen System interpretieren ließ.

"Ich kannte nicht das Ausmaß der Gräueltaten"

Es ist umstritten, ob der Titelgewinn den Machthabern genützt oder geschadet hat. "Ich wusste, was (während der Militärdiktatur) geschah, kannte aber nicht das Ausmaß der Gräueltaten, dass sie Menschen lebend aus Flugzeugen in den Fluss warfen", erklärte Menotti jüngst in einem TV-Gespräch. Den WM-Sieg schätzt er als einen Erfolg ein, der den Militärs die Kontrolle über die Bevölkerung erschwerte: "Es gingen Millionen auf die Straßen (um zu feiern), eine Niederlage wäre für die Diktatur günstiger gewesen."

Ob nun am 22. Oktober oder am 5. November geboren: Herzlichen Glückwunsch César Luis Menotti.

Die Argentinier setzten sich im Finale, in dem Mario Kempes zwei Tore erzielte, mit 3:1 nach Verlängerung gegen die Niederlande durch. Auf dem Weg dorthin hatte Menottis Team mit 6:0 gegen Peru gewonnen – die mit einem Manipulationsverdacht behaftete Partie gilt als eine der umstrittensten der Fußball-Geschichte. Die deutsche Mannschaft war zuvor in der "Schmach von Cordoba" in der Zwischenrunde an Österreich gescheitert.

Menotti hatte schon nach seinem ersten Trainertitel 1973 mit dem Klub Huracán in der argentinischen Liga seinen Stil definiert: "Offensiv, sauber, fröhlich", entgegengesetzt zum rein ergebnisorientierten Spiel. Das sei ein "linker" Fußball. "In der Erinnerung bleiben die Teams, die mit gutem Spiel gewonnen haben", sagte er der Zeitung "Clarín".

Für immensen Zigarettenkonsum berüchtigt

Menotti war für seinen immensen Zigarettenkonsum bekannt.

Ein Jahr nach der WM gewann Menotti auch die U-20 Weltmeisterschaft in Japan, mit dem damals 18-jährigen Maradona als Star. Nach dem Scheitern der Nationalelf bei der WM in Spanien musste "El Flaco" (der Dürre) gehen. 25 Jahre lang war der wegen seines immensen Zigarettenkonsums berüchtigte Argentinier noch Trainer verschiedener Vereine, unter ihnen der FC Barcelona, doch ohne großen Erfolg.

Menotti ist übrigens ein paar Tage vor seinem offiziellen Geburtstag am 5. November 1938, wie er auf den Dokumenten steht, zur Welt gekommen. "Ich bin eigentlich am 22. Oktober geboren, aber anscheinend hat mein Vater bei meiner Geburt gesagt: 'Was machen wir mit diesem Jungen? Lasst uns etwas abwarten, bevor wir ihn wegwerfen'", scherzte Menotti vor einigen Jahren im Gespräch mit der Sportzeitschrift "El Gráfico".

Der wahre Grund sei, dass sein Vater zwei Tage nach der Geburt verreisen musste und bei seiner Rückkehr die Frist zur Einschreibung des Kindes im Standesamt verpasst habe. Da habe er einfach ein späteres Geburtsdatum angegeben.

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