Friday, 26th April 2024
26 April 2024

Empfang beim CDU-Mittelstand: Kramp-Karrenbauer redet, Merz muss zuhören

Annegret Kramp-Karrenbauer und Friedrich Merz im Gespräch bei einem Landesparteitag der CDU-Sachsen. (Quelle: dpa)

Es ist der erste gemeinsame Auftritt von Annegret Kramp-Karrenbauer und Friedrich Merz seit der Wahl zum CDU-Vorsitz. Ausgerechnet in der Merz-Hochburg, dem Mittelstand der Union.

Immer wieder blickt Friedrich Merz auf sein Mobiltelefon, als Annegret Kramp-Karrenbauer ihre Rede hält. Nervös wippt er auf den Absätzen, streicht mit der Hand durchs Gesicht, es scheint, als würde er den Ausführungen der neuen CDU-Vorsitzenden nur seine halbe Aufmerksamkeit schenken. Sind die Wunden der Niederlage gegen Kramp-Karrenbauer auf dem Hamburger Parteitag vor gut fünf Wochen beim ersten gemeinsamen öffentlichen Auftritt nach der Wahl noch nicht verheilt?

Denkwürdiger Abend

Der bei der Wahl zur Nachfolge von Angela Merkel als CDU-Chefin Anfang Dezember knapp gescheiterte Wirtschaftsexperte steht an diesem denkwürdigen Abend etwas abseits, fast etwas versteckt im Pulk der vielleicht 300 Gäste beim Neujahrsempfang des Parlamentskreises Mittelstand der Union in Berlin. Neben ihm steht Carsten Linnemann, der Chef der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung MIT der Union und ein klarer Fan von Merz. Gelegentlich stecken sie die Köpfe zusammen.

Es ist ein denkwürdiger Abend. In London stimmen die britischen Abgeordneten gerade überraschend klar gegen das von Theresa May mit der EU ausgehandelte Ausstiegsabkommen. Und in Berlin treffen die drei Kandidaten für den CDU-Vorsitz ausgerechnet bei jener Wirtschaftsvereinigung der Union zusammen, die sich im Kampf um den CDU-Vorsitz so klar wie sonst kaum eine Parteiorganisation auf die Seite des 63-jährigen Finanzfachmanns geschlagen hatte. Hat also doch eher der Ausstieg der Briten aus der EU die Aufmerksamkeit des Sauerländers während der Rede seiner Rivalin auf sich gezogen?

Dieser erste gemeinsame Auftritt hätte ziemlich peinlich werden können, wenn beispielsweise per Applausometer klar geworden wäre, auf welcher Seite die Sympathien der Unions-Wirtschaftsvertreter eigentlich liegen.

Alle drei Kandidaten eingeladen

Doch Christian von Stetten, Chef des Parlamentsmittelstands und als ausgewiesener Merkel-Kritiker und Merz-Anhänger klar verortet, hat sich ein paar Kniffe ausgedacht, um das zu verhindern. Als er alle drei Kandidaten – neben Kramp-Karrenbauer und Merz ist auch der damals bereits im ersten Wahlgang unterlegene Gesundheitsminister Jens Spahn erschienen – begrüßt, nennt er zuerst AKK, wie die neue Parteichefin gerne genannt wird.

Nachdem der Applaus für sie verklungen ist, spricht von Stetten Merz und Spahn in einem Atemzug an – sodass am Beifall nicht klar abzulesen ist, ob er eher Merz als Spahn gegolten hat. Dann verrät der Baden-Württemberger von Stetten noch, dass er schon vor dem Wahlparteitag alle drei Bewerber für den Fall eines Sieges als Hauptredner zum Neujahrsempfang eingeladen habe. Gelächter im Saal. Verscherzen, so kann man das deuten, wollten es sich die Mittelstandsvertreter also wohl auf keinen Fall mit der neuen Parteispitze – egal, wer sich am Ende durchsetzt.

„Die Klugheit eines klugen Unternehmers“

Kramp-Karrenbauers Rede wird dann verhalten freundlich vom Publikum aufgenommen. Gleich zu Beginn spricht sie Merz und Spahn an. Es klingt ziemlich selbstbewusst, als sie sagt: „Lieber Jens, lieber Friedrich, ich freue mich sehr, dass ich heute hier oben stehen darf. Ich sag das ganz offen.“ Es spreche für von Stetten und „die Klugheit eines klugen Unternehmers, schon mal gleich die Einladung vorsorglich so zu gestalten, dass man auf jeden Fall auf der Gewinnerseite ist“.

Als Appell an die Geschlossenheit schiebt sie dann noch hinterher, es sei ganz klar, dass Spahn und Merz „auch in Zukunft weiter eine ganz, ganz wichtige Rolle dabei spielen, unsere CDU nach vorne zu treiben“. Dies sei doch „die eigentlich gute Nachricht zu Beginn des Jahres 2019“. Merz soll Kramp-Karrenbauer vor allem in Wirtschafts- und Steuerfragen beraten. Auf jeden Fall kommen die Unternehmer im Saal jetzt gar nicht mehr darum herum, Kramp-Karrenbauer längeren Applaus zu spendieren.

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