Friday, 29th March 2024
29 März 2024

Eisverlust der Antarktis beschleunigt sich drastisch

Das Eis in der Antarktis schmilzt immer schneller. Dies betrifft einer Studie zufolge auch jenen Teil, der bislang als stabil galt.

Kalter Koloss. Die Eisberge der Antarktis verlieren jährlich fünfmal so viel Eis, wie Wasser im Bodensee ist.

Die Antarktis verliert einer Studie zufolge deutlich mehr Eis als bisher bekannt. Ein internationales Forscherteam kommt zu dem Schluss, dass sich der jährliche Eisverlust seit den 1980er Jahren etwa versechsfacht hat. Betroffen ist demnach nicht nur die Westantarktis, sondern überraschenderweise auch der lange als eher stabil geltende Osten des Kontinents. Ursache sind vor allem wärmere Meeresströmungen, wie das Team um Eric Rignot von der University of California in Irvine in den „Proceedings“ der US-Nationalen Akademie der Wissenschaften („PNAS“) berichtet.

Aus früheren Studien ist bekannt, dass die Antarktis viel Eis verliert, was zum Anstieg des Meeresspiegels beiträgt. Bisher gingen Forscher aber davon aus, dass vor allem die Westantarktis betroffen ist sowie die schmale Antarktische Halbinsel, die sich weit nach Norden Richtung Südamerika erstreckt.

Antarktis verliert etwa 250 Millionen Tonnen Eis pro Jahr

Das Team um Rignot berechnete nun unter anderem aus Daten zu Eisdicke, Fließgeschwindigkeit und Schwerkraft eine Bilanz für 176 Becken am Rande des Antarktischen Eisschilds. Mit Hilfe dieser Ergebnisse ermittelten die Forscher dann den Masseverlust des gesamten Eisschildes von 1979 bis 2017. Demnach verlor er im ersten Jahrzehnt (1979-1990) jährlich etwa 40 Milliarden Tonnen (Gigatonnen). Im folgenden Jahrzehnt (1989-2000) waren es demnach etwa 50 Gigatonnen, in der Dekade danach (1999-2009) sogar 166 Gigatonnen. Im letzten Zeitraum (2009-2017) geht das Team sogar von einem Masseverlust von 252 Milliarden Tonnen pro Jahr aus. Zum Vergleich: Der Bodensee enthält knapp 50 Milliarden Tonnen Wasser.

Der aktuelle Wert übersteigt die Zahlen, die eine Forschergruppe im vorigen Juni im Fachblatt „Nature“ vorgestellt hatte, deutlich. Dieses Team ging im Zeitraum von 2012 bis 2017 von einem Verlust von 219 Milliarden Tonnen pro Jahr aus. „Im Vergleich zu vorherigen Studien wurde die Datengrundlage zu Fließgeschwindigkeiten, und damit zum Eisausfluss, stark erweitert“, erklärt Martin Horwath, Professor für geodätische Erdsystemforschung an der Technischen Universität Dresden. So konnten Massenbilanzen bis zurück in das Jahr 1979 abgeschätzt werden. Das sei der gesamte Zeitraum, für den die Oberflächenmassenbilanz in guter Qualität aus einem regionalen Atmosphärenmodell berechnet werden könne.


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Mehr Aufmerksamkeit auch für die Ostantarktis benötigt

Die Forscher um Rignot kalkulieren in „PNAS“, dass der Eisverlust den Meeresspiegel vom 1979 bis 2017 um etwa 14 Millimeter ansteigen ließ. Davon entfallen demnach 6,9 Millimeter auf die Westantarktis, 2,5 Millimeter auf die Antarktische Halbinsel und 4,4 Millimeter auf die Ostantarktis.

„Das ist sozusagen erst die Spitze des Eisbergs“, sagt Rignot. Schmelze der antarktische Eisschild weiterhin, sei in den kommenden Jahrhunderten ein Meeresspiegelanstieg von mehreren Metern allein durch die Antarktis zu erwarten. Die Studie sei die bislang längste zur Eismasse der Antarktis.

„Nach dem Stand der Wissenschaft beschleunigen die Gletscher, weil die vorgelagerten Schelfeise abnehmen“, erklärt Horwath. Das wiederum werde mit vermehrtem Kontakt dieser Schelfeise mit dem warmen zirkumpolaren Tiefenwasser in Zusammenhang gebracht. Auch die Forscher um Rignot beobachteten, dass sich der Eisverlust auf jene Areale konzentrierte, die von warmem, salzreichen und tiefem Wasser erreicht wurden. In der Ostantarktis ist demnach insbesondere der Bereich von Wilkesland betroffen.

„Unsere Beobachtungen stellen die traditionelle Sichtweise infrage, derzufolge der ostantarktische Eisschild stabil und gegen Veränderung gefeit ist“, schreiben sie. Daher solle man auch diesem Gebiet größere Aufmerksamkeit widmen. Insbesondere für die Region Wilkesland würden bessere Daten dringend benötigt, betonen sie. Walter Willems,dpa (mit smc)

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