Thursday, 28th March 2024
28 März 2024

Eine Gentherapie, die todgeweihte Kinder rettet

Die Leser des Fachblatts „Science“ haben die besten Forschungserfolge 2017 gewählt. Es gewann eine spektakuläre Gentherapie und ein Neutrino-Detektor.

Partikelfalle. Ein tragbarer Detektor für Neutrinos.

Etwa im Alter von zwei Jahren sterben Kinder, die mit einer angeborenen Muskelschwäche, der Spinalen Muskelatrophie 1 (SMA1), geboren werden. Aufgrund eines defekten Gens produzieren ihre Zellen ein Eiweiß nicht, das von Nervenzellen im Rückenmark benötigt wird, um den Muskeln die nötigen Impulse zu geben. Die Muskeln verkümmern und schließlich versagt auch das Atmen.

Bei elf von zwölf Kindern wirkte die Gentherapie

Im November dieses Jahres verkündete die US-Biotechfirma Avexis, dass nach einer Behandlung von zwölf Babys mit einer speziellen Gentherapie elf der Kinder sprechen, essen, aufrecht sitzen und in zwei Fällen sogar laufen und rennen können. Die Forscher hatten sich Viren zunutze gemacht, die aus dem Blut in das normalerweise hermetisch abgeriegelte Gehirn gelangen können. Diesen Adeno-assoziierten Viren vom Typ 9 (AAV9) gaben sie das intakte SMA1-Gen mit. Die Viren infizierten die Nervenzellen im Rückenmark und brachten so das heilsame Gen in die Zellen. Diesem Forschungserfolg gaben fast die Hälfte der Leser des Fachblatts „Science“ ihre Stimme in einer Online-Umfrage, die nach dem „Forschungsdurchbruch des Jahres“ fragte.

Der Zuspruch rührt nicht allein aus der Tatsache, dass die Gentherapie das Schicksal dieser Kinder und ihrer Familien verändern konnte. Der Nachweis, dass mit den AAV9-Viren heilsame Erbgutabschnitte ins Gehirn gelangen können, macht Hoffnung auf einen neuen Behandlungsweg für neurodegenerative Krankheiten, deren Ursache in Gehirn und Rückenmark liegen. Außerdem steht die SMA1-Behandlung stellvertretend für eine ganze Reihe von Erfolgen der Gentherapie in diesem Jahr. So wurden 2017 zwei solche Ansätze gegen Krebs und erst in dieser Woche eine weitere Gentherapie gegen eine erbliche Form von Blindheit von den Behörden genehmigt.

Platz zwei: Ein tragbarer Neutrino-Detektor

Die Gravitationswellen-Physik, die die „Science“-Redakteure zum Durchbruch bzw. „Knaller des Jahres“ erkoren, lag in der Lesergunst nicht vorn. Stattdessen waren 24 Prozent von einem Detektor für Neutrinos von der Größe einer Mikrowelle begeistert – genug für den zweiten Platz.

15 Prozent der Stimmen bekam die Entwicklung einer Variante der Genschere „Crispr“, mit der sich zielgenau einzelne DNS-Bausteine aus dem Erbgut schneiden lassen. Solche „Punktmutationen“ sind Ursache vieler Erbkrankheiten.

14 Prozent der Stimmen (Platz vier) bekam die Entscheidung der US-Zulassungsbehörde, erstmals ein Krebsmedikament unabhängig vom betroffenen Organ des Patienten zuzulassen. So dürfen Ärzte das Medikament Keytruda künftig bei allen Tumortypen, sei es im Dickdarm, der Haut oder Schilddrüse, einsetzen, vorausgesetzt die Krebszellen haben Defekte in der Autokorrekturfunktion des Erbguts.

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