Friday, 29th March 2024
29 März 2024

Ein asiatischer Gipfel im Schatten von Trump

Die rivalisierenden Mächte Japan und China gehen wegen der Handelsstreitigkeiten mit den USA aufeinander zu. Nun kommt es in Peking zum ersten Gipfeltreffen zwischen Xi und Abe überhaupt. Martin Fritz aus Tokio.

(Archiv) Xi und Abe auf dem Ostasiatischen Wirtschaftsforum im September 2018

Wenn Japans Premierminister Shinzo Abe am Freitag (26.10.) Chinas Präsident Xi Jinping in Peking die Hand schüttelt, handelt sich um das erste chinesisch-japanische Gipfeltreffen seit 2011, das zudem kurz nach dem 40. Jahrestag des Friedens- und Freundschaftsvertrages beider Länder von 1978 stattfindet. Der dreitägige Gipfel bildet den vorläufigen Höhepunkt einer raschen chinesisch-japanischen Annäherung, die im Frühjahr mit der Wiederaufnahme des Wirtschaftsdialogs begonnen hatte.

Zwar haben Abe und Xi bereits siebenmal miteinander gesprochen, aber immer nur am Rande von multilateralen Ereignissen, obwohl sich Abe immer wieder um einen Zweiergipfel bemüht hatte, vor allem im Interesse der japanischen Wirtschaft. China ist Japans größter Handelspartner. Viele Unternehmen haben große Summen in China investiert. Aber China wies das Werben von Abe zurück und zeigte lange Zeit kein Interesse an weniger frostigen Beziehungen.

Peking missfällt die selbstbewusste Außenpolitik des konservativen Politikers in Japan, der Chinas Einfluss vor allem in Asien begrenzen will, ebenso wie sein Vorhaben, das japanische Militär zu stärken und es flexibler einzusetzen. Auch die Anstrengungen von Abe, einen Schlussstrich unter den Zweiten Weltkrieg und damalige Kriegsverbrechen zu ziehen, stoßen Peking sauer auf. Erst vergangene Woche hatte der Politiker wieder eine rituelle Spende an den umstrittenen Yasukuni-Schrein geschickt, der auch verurteilte und hingerichtete Kriegsverbrecher als Patrioten ehrt.

Yasukuni-Schrein in Tokio

Umdenken in China

Doch der Handelsstreit mit den USA, die mit Sonderzöllen gegen Chinas hohe Exporte vorgehen, lässt die Führung in Peking umdenken. Aus Furcht vor der internationalen Isolierung sucht Präsident Xi die Nähe zur Europäischen Union, zu Russland und eben auch zu Japan. Eine konkrete Sorge von China bestehe darin, dass die USA den handelspolitischen Spielraum von China einengen wollen, erläuterte Wu Junhua, Leiterin des Japan Research Institute in Tokio.

Im neuen Freihandelsabkommen für Nordamerika gebe es eine gegen China gerichtete Klausel, wonach Kanada und Mexiko eigene Freihandelsverträge mit Staaten, die keine Marktwirtschaft sind, nur mit Zustimmung der USA abschließen dürfen. Die USA erkennen China nicht als Marktwirtschaft an, aber auch die EU und Japan.

Eine solche Sperrklausel könnten die USA auch bei den Verhandlungen über neue Verträge mit der EU und Japan durchsetzen, meinte Wu. Die USA würden ihre Verbündeten so dazu zwingen, sich für oder gegen China zu entscheiden.

Aber auch die Regierung in Tokio steht durch die Handelspolitik von US-Präsident Donald Trump unter Druck. Man befürchtet nicht nur künftige Importzölle gegen japanische Autos, sondern leidet auch unter den US-Zollerhöhungen für chinesische Waren. Chinesische Aufträge für japanische Werkzeugmaschinen sind im September um mehr als ein Fünftel im Vergleich zum Vorjahr und den siebten Monat in Folge gesunken, weil die Produzenten in China wegen der Zölle mit Investitionen zögern.

Ein Restaurant in der südchinesischen Metropole Guangzhou verlangt mit dem Aushang in der Mitte von US-amerikanischen Besuchern 25 Prozent Zuschlag als Vergeltung für die Strafzölle

Neue Phase der Wirtschaftsbeziehungen

Wie sehr sich die Stimmung zwischen China und Japan zum Positiven verändert hat, zeigte sich bei der jüngsten Begegnung von Abe und Xi beim Ostasiatischen Wirtschaftsgipfel im September im russischen Wladiwostok. Dabei bat der Japaner den Chinesen darum, die Importbeschränkungen für Lebensmittel aus Fukushima aufzuheben. Darauf antwortete Xi mit der Bemerkung, japanischer Reis sei köstlich. Nach der jahrelangen Eiszeit war dies eine ungewöhnlich persönliche Bemerkung von Chinas Staatspräsident.

Konkret wollen Abe und Xi am Freitag in Peking neue Kooperationen bei Finanzen, Projekten und Technologien beschließen. Hunderte von japanischen Wirtschaftsführern begleiten den Regierungschef. Abe will dem chinesischen Premier Li Keqiang vorschlagen, japanische Entwicklungshilfe für China zu beenden und stattdessen gemeinsamen Infrastrukturprojekte in Drittländer zu organisieren. Mehr als 30 solcher Projekte sind bereits vorbereitet und sollen in Peking unterzeichnet werden.

Außerdem soll der Währungsaustausch zwischen den Zentralbanken der beiden größten asiatischen Volkswirtschaften wiederaufgenommen und um das Zehnfache auf  umgerechnet 23,2 Milliarden Euro ausgeweitet werden. Bei Turbulenzen an den Finanzmärkten dienen diese sogenannten Swaps als Sicherheitsnetz. Damit können japanische Banken in China die Landeswährung Yuan und chinesische Unternehmen Yen erhalten. Die alte Swap-Vereinbarung war 2013 ausgelaufen.

USA, Japan und EU erkennen China nicht als Marktwirtschaft an

Kooperation im Technologiebereich

Ein weiterer Baustein für bessere Beziehungen sollen Gesprächsrunden über eine technologische Zusammenarbeit unter dem Arbeitstitel „Innovationen und Dialog über den Schutz von Urheberrechten“ werden. Sie sollen erstmals noch in diesem Jahr im Rahmen des Wirtschaftsdialogs stattfinden. Sieben Arbeitsgruppen werden sich unter anderem mit digitaler Wirtschaft, Kooperationen der Industrie, Innovation und geistigen Eigentumsrechte befassen. Wie viel Technologie beide Seiten tatsächlich austauschen, sei unklar, schrieb die japanische Wirtschaftszeitung Nikkei, weil die Gesprächsrunde teilweise auch einen großen symbolischen Wert habe.

Ein anderes Feld der sino-japanischen Zusammenarbeit soll die Verteidigung werden. Xi Jinping ist in Personalunion auch der Oberste Befehlshaber der chinesischen Volksbefreiungsarmee.  Der Chef des Führungsstabes der japanischen Streitkräfte soll erstmals seit 2008 wieder China besuchen. Außerdem erwägt Japan, hochrangige chinesische Militärbeamte zu empfangen.

In diesem Zusammenhang sind auch die Gespräche über die Details einer Hotline zwischen den Verteidigungsbehörden zu sehen. Sie war im Juni vereinbart worden, damit vor allem im Ostchinesischen Meer militärische Zusammenstöße vermieden werden. Nahe der japanischen Senkaku-Inseln, die von China als Diaoyu-Inseln beansprucht werden, kommt es immer wieder zu gefährlichen Annäherungen zwischen Schiffen und Flugzeugen beider Seiten.

 

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