Thursday, 28th March 2024
28 März 2024

Auto-Manager Ghosn in Japan inhaftiert

Renault-Nissan-Chef Carlos Ghosn hat die Allianz der beiden Konzerne mit Mitsubishi zu einem weltweit führenden Autobauer gemacht. Nun aber könnten Hinweise eines Whistleblowers den Manager zu Fall bringen.

Wegen eines mutmaßlichen Verstoßes gegen japanische Finanzregeln steht der Renault-Nissan-Chef Carlos Ghosn vor dem Aus beim japanischen Autobauer Nissan. Dessen Geschäftsführer Hiroto Saikawa bestätigte, dass der Top-Manager festgenommen worden sei. Er sprach von einem finanziellen Fehlverhalten des in Brasilien geborenen Managers, das schwer wiege und nicht hinnehmbar sei. Er werde daher dem Verwaltungsrat vorschlagen, Ghosn den Vorsitz zu entziehen. Kurz danach erklärte auch Mitsubishi, man werde dem zuständigen Gremium die Abberufung Ghosns vom Posten des Vorsitzenden vorschlagen.

Die Aktien von Renault und Nissan gaben umgehend kräftig nach. Durch den Kursrutsch verlor Renault knapp drei Milliarden Euro an Börsenwert, bei Nissan waren es umgerechnet fast fünf Milliarden Euro.

Nissan und die französische Regierung, Hauptaktionär von Renault, versicherten umgehend, für den Fortbestand des Firmenbündnisses sorgen zu wollen. Präsident Emmanuel Macron erklärte in Brüssel, die Regierung werde hier sehr wachsam sein. „Es ist zu früh, etwas über den Wahrheitsgehalt der Anschuldigen zu sagen“, erklärte er. Ihm seien noch keine Details bekannt.

Whistleblower stößt Nachforschung an

Monatelang waren Nissan-Mitarbeiter vertraulichen Hinweisen nachgegangen, dass der 64-jährige Ghosn unter anderem sein Einkommen bei der Tokioter Börse zu niedrig angegeben haben soll. Wie die japanische Nachrichtenagentur Kyodo meldet, soll er mehr als fünf Jahre insgesamt fünf Milliarden Yen (rund 40 Millionen Euro) zu wenig angegeben haben. Ghosn ist bei dem japanischen Autohersteller Verwaltungsratschef und bei Renault gleichzeitig Vorstandschef.

Bei der Untersuchung geht es um das Finanzgebaren von Ghosn und einem weiteren Manager. Die Ergebnisse hätten neben fehlerhaften Einkommensangaben weiteres Fehlverhalten von Ghosn ans Tageslicht befördert, darunter den persönlichen Gebrauch von Firmeneigentum. Die japanischen Strafverfolgungsbehörden seien unterrichtet worden, das Unternehmen kooperiere in vollem Umfang. Wie Nissan weiter mitteilte, wurde das Unternehmen durch Hinweise eines Whistleblowers auf die mutmaßlichen Verstöße aufmerksam.

Starkes Dreier-Bündnis

Ghosn gehört zu den schillerndsten Managern in der Autoindustrie. Mit der Allianz aus Renault und Nissan sowie dem japanischen Hersteller Mitsubishi hat der 1954 in Brasilien geborene Manager ein Konglomerat geschaffen, das mit insgesamt 10,6 Millionen Fahrzeugen pro Jahr mehr Personenwagen und leichte Nutzfahrzeuge im Jahr verkauft als der Volkswagen-Konzern. Ghosns Vertrag als Renault-Chef war erst im Februar um vier Jahre verlängert worden.

Bessere Zeiten: Carlos Ghosn stellte 2016 in Kalifornien einen Prototyp eines selbstfahrenden Autos vor

Ghosn hatte 1999 von Renault kommend den Chef-Sessel bei Nissan übernommen, um den verschuldeten Konzern aus der Krise zu führen. 2005 hatte er dann auch die Spitze von Renault übernommen. Der als „Kostenkiller“ bekannte Franzose hat Nissan nach Jahren hoher Verluste und Schulden wieder auf Erfolgskurs gebracht.

Renault und Nissan sind durch Überkreuz-Beteiligungen verbunden. Während Renault 43 Prozent an Nissan hält, ist der japanische Partner wiederum mit 15 Prozent an Renault beteiligt. Nissan hält seinerseits 34 Prozent an Mitsubishi Motors. Bei Nissan gab Ghosn im Vorjahr den Posten des Vorstandsvorsitzenden ab, um sich stärker um Renault und Mitsubishi zu kümmern, blieb aber Verwaltungsratschef. Mit den Vorwürfen gerät die Allianz nun in eine schwere Krise.

Auch Verbindung zu Daimler

Der französische Autobauer ist über eine Überkreuzbeteiligung von jeweils 3,1 Prozent mit Daimler verbandelt. Die beiden Unternehmen haben mehr als ein Dutzend Projekte zu gemeinsamer Entwicklung und Fertigung auf den Weg gebracht. Sie teilen Entwicklungskosten bei bestimmten Fahrzeugtypen und betreiben im mexikanischen Aguascalientes ein gemeinsames Werk. Dort werden Kompaktfahrzeuge der Marken Mercedes-Benz sowie der Nissan-Marke Infiniti gebaut. Daimler wollte sich zu dem jüngsten Vorgang nicht äußern. Ghosn und Daimler-Chef Dieter Zetsche, der im kommenden Jahr abtreten will, sind enge Geschäftspartner.

kle/stu (dpa, rtr, afpe)

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