Thursday, 25th April 2024
25 April 2024

Ohne Übersicht und Cleverness: Der BVB leidet im Pokal, Favre sorgt sich

Hat dann ja doch noch geklappt: Jadon Sancho, Marco Reus und Christian Pulisic.

Von Felix Meininghaus, Dortmund


14 Spiele unbesiegt, so lautet die Bilanz der Dortmunder. Doch gegen den 1. FC Union Berlin muss der Spitzenreiter der Fußball-Bundesliga im Pokal über 120 Minuten an seine Grenzen gehen. Und Trainer Favre macht sich Sorgen.

Zwei Minuten nach dem Abpfiff sammelten sich die Spieler der Dortmunder Borussia in der gegnerischen Spielhälfte, um den Gang zur Südtribüne anzutreten. In der Gelben Wand feierten die Fans ihre Helden, doch der Weg fiel schwer, nach 120 Minuten, die viel Kraft gekostet hatten. Am Ende hatte sich Borussia Dortmund gegen den überraschend widerstandsfähigen Fußball-Zweitligisten Union Berlin so gerade eben ins Achtelfinale des DFB-Pokals gerettet.

"So ist das im Fußball": Lucien Favre.

3:2 nach Verlängerung durch ein Tor, dass Kapitän Marco Reus in der letzten Minute der 30 minütigen Draufgabe erzielt hatte, nachdem es nach der regulären Spielzeit 2:2 gestanden hatte. Das war wenig ruhmreich, doch was zählte, war das Resultat. Und der Umstand, dass die tolle Serie gehalten hatte: 14 Begegnungen in drei Wettbewerben hat das neuformierte Ensemble des achtfachen Deutschen Meisters in dieser Spielzeit bestritten. Die Bilanz könnte glänzender kaum sein: Zwölf Siege, acht in der Bundesliga, drei in der Champions League, zwei im Pokal, und zwei Remis.

Tabellenführer, in der Königsklasse so gut wie sicher in der K.o.-Phase und im Pokal auch noch dabei. Viel besser geht es nicht, und doch wissen sie in der Revier-Metropole genau, dass sie nicht geglänzt hatten. Was auch daran lag, dass Trainer Lucien Favre ganz bewusst ein Vabanque-Spiel gewählt hatte, als er seine Mannschaft im Vergleich zum jüngsten 2:2 im Punktspiel gegen Hertha BSC auf gleich sieben Positionen veränderte. Unter anderem beorderte er Schlüsselspieler wie Reus und den unumschränkten Chef Axel Witsel auf die Bank und riskierte damit, dass viel von den Automatismen und dem Tempo, die den BVB zuletzt so stark gemacht hatte, auf der Strecke blieb.

"Ganz nah dran an der Sensation"

"Am Ende haben wir unsere Pflicht erfüllt", berichtete Reus am späten Mittwochabend den wartenden Reportern: "Wir sind weiter, und das zählt. Es war nicht unser bestes Spiel, das wissen wir." So sah es auch sein sportlicher Vorgesetzter, der auch auf die Stärken eines Gegners hinwies, der sich vor mehr als 70.000 Zuschauern glänzend schlug: "Es war sehr, sehr schwer, diese Mannschaft zu destabilisieren", analysierte Favre. Jeder, der an diesem Abend erlebt hatte, wie gut Union organisiert war, und wie tapfer sich der Zweitligist gewehrt hatte, konnte erahnen, warum der Klub aus Köpenick bislang neben der Borussia der einzige ungeschlagene Verein aus dem deutschen Profifußball war. "Wir waren ganz nah dran an der Sensation", sagte Trainer Urs Fischer, der seinen Schweizer Landsmann Favre aus alten Tagen in Zürich noch bestens kennt.

Dass es an einem ereignisreichen Abend so lange dauerte, war auch dem Umstand geschuldet, dass es den Dortmundern erneut nicht gelang, einen Vorsprung mit Übersicht und Cleverness über die Zeit zu spielen. Bereits vier Tage zuvor hatte die Borussia wenige Sequenzen vor dem Ende der Spielzeit den Ausgleich zum 2:2 gegen die Berliner hinnehmen müssen. Ein Indiz für die fehlende Erfahrung eines Ensembles, das mit vielen jungen und hochveranlagten Spielern bestückt ist? Dieser These mochte Favre nicht zustimmen: "So ist das im Fußball", sagte der Trainer, der am Freitag seinen 61. Geburtstag feiert, lapidar. Man dürfe aus diesen beiden Erlebnissen keinen Trend ableiten, sagte Favre: "Vergessen Sie nicht, dass wir gegen Augsburg kurz vor Schluss das entscheidende Tor machen."

Aber so viel dann doch: "Ganz klar, solche Fehler wie gegen Hertha und Union müssen wir in Zukunft vermeiden." Fehlende Cleverness könnte auf Dauer zu schmerzhaften Rückschlägen führen in kraftraubenden Zeiten, in denen die Borussia in ständigen englischen Wochen gefordert ist. Vor allem in der Defensive gehen dem BVB vor einer wichtigen Woche die Fachkräfte aus. Und das, bevor es am Samstag zur Ligabegegnung in Wolfsburg, am Dienstag danach (ab 21 Uhr im Liveticker bei n-tv.de) zum Rückspiel bei Atlético Madrid kommt und vier Tage darauf der FC Bayern im Westfalenstadion vorstellig wird.

Mit Manuel Akanji, Marcel Schmelzer, Lukasz Piszczek fallen drei Verteidiger aus, gegen Union verletzte sich auch noch der zuletzt so starke Abdou Diallo. Der ehemalige Mainzer fasste sich nach zehn Minuten an die Leiste, Favre geht davon aus, dass der 22-Jährige mehrere Wochen pausieren muss. Mit dem jungen Dan-Axel Zagadou lief gegen Union auch eine weitere Defensivkraft nicht rund. Das alles hat Favre registriert: "Da haben wir langsam ein echtes Problem."

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