Friday, 29th March 2024
29 März 2024

Die Lehren des 14. Spieltags: BVB bleibt unbeeindruckt, FCB tilgt Schmach

Thomas Delaney ist schon der 16. Torschütze des BVB in dieser Saison – das ist Ligarekord.

Von Anja Rau


Während sich der FC Bayern in der Jäger-Rolle gefällt, kümmert das den Tabellenführer der Fußball-Bundesliga nicht: Der BVB besteht souverän im Revierderby. Dabei sorgt Thomas Delaney für einen Liga-Rekord. Und RB Leipzig gibt den guten Gast.

1. BVB überzeugt auf allen Positionen

39 eigene Treffer, aber erst 14 Gegentore: Es läuft beim Tabellenführer Borussia Dortmund. Die Mannschaft von Trainer Lucien Favre stellt den besten Angriff und – gemessen an Gegentoren – hinter RB Leipzig die zweitbeste Abwehr der Fußball-Bundesliga. "Sie finden meistens eine gute Lösung", sagt Torhüter Roman Bürki über seine Innenverteidiger. Überragendes Detail der Offensive: 16 Torschützen kann der BVB schon vorweisen, das ist Ligarekord. Wenn also, wie beim Revierderby an diesem 14.Spieltag beim FC Schalke 04 (2:1), weder Superjoker Paco Alcácer noch Kapitän Marco Reus treffen, übernehmen das andere für sie.

In Gelsenkirchen taten das die beiden Derby-Neulinge Thomas Delaney und Jadon Sancho – als sei es ein ganz normales Spiel. Bürki stellt fest: "Die Mentalität stimmt. Spiele, die wir im letzten Jahr verloren hätten, gewinnen wir." Eben etwa das Revierderby auf Schalke, das der BVB zum ersten Mal seit fünf Jahren für sich entschied. Und dafür von den Fans belohnt wurde, die in Massen auf die Rückkehr ihrer Helden nach Dortmund warteten und sie mit einem ausgiebigen Feuerwerk empfingen. Die Anstellungen von Matthias Sammer als externen Berater sowie von Ex-Kapitän Sebastian Kehl als Leiter der Lizenzspielerabteilung scheint sich beim BVB gelohnt zu haben.

Allen voran aber macht Trainer Favre einen grandiosen Job. So hat sein Team in dieser Saison noch kein Spiel verloren – und die ist immerhin schon 14 Spiele alt. Elf Siege, drei Unentschieden und 36 Punkte sind eine Macht – und bedeuten weiter neun Zähler Vorsprung auf den FC Bayern. Mehr Punkte nach gleicher Spielzeit hatte der BVB zuletzt in der Saison 2010/2011 auf dem Konto. Und seinerzeit feierten die Dortmunder am Ende die Meisterschaft. Das schüchtert die Spieler nicht ein, im Gegenteil. Reus erklärte sein Ziel bis Weihnachten: "Wir wollen ungeschlagen bleiben."

2. Lewandowski lässt FC-Bayern-Getöse Taten folgen

Vor dem Spiel spuckte Robert Lewandowski große Töne in Richtung Dortmund: "Es ist als Jäger einfacher, von hinten zu attackieren, als wenn du als Erster auf die Attacken von hinten schauen musst." Im Spiel seines FC Bayern mit dem 1. FC Nürnberg ließ er Taten folgen. Zum 42. Mal erzielt der polnische Nationalspieler in einem Bundesliga-Spiel ein Doppelpack. Öfter gelang das nur Gerd Müller. Mit seinen Treffern acht und neun in dieser Saison stellt Lewandowski zudem den Anschluss zu den besten Torjägern der Liga aus Dortmund und Frankfurt her.

Seine Treffer plus das Tor von Altmeister Franck Ribéry erlösen die Bayern von einer Schmach: Sie brachten den ersten Heimsieg seit dem dritten Spieltag zustande. Zuletzt reichte es gegen Fortuna Düsseldorf, den SC Freiburg sowie den FC Augsburg je nur zu Unentschieden. Lewandowski profitierte von den taktischen Änderungen seines Trainers Niko Kovac. Durch die wieder eingesetzte Doppel-Sechs und Thomas Müller als Zehner bekam Lewandowski mehr Freiheiten im Strafraum. Außerdem hatte Kovac angekündigt, künftig eine Stammelf spielen zu lassen und nicht mehr zu rotieren. Lewandowski muss sich um seinen Einsatz also keine Gedanken machen. Bleibt die Rolle als Jäger: Die hat der FC Bayern wohl noch eine ganze Weile inne. Anders als prophezeit, hat der BVB mit Attacken von hinten offenbar keine Probleme.

3. RB Leipzig gibt unfreiwillig den guten Gast

Vier Wochen, vier Auswärtsniederlagen: RB Leipzig schwächelt nicht nur in Europa, sondern auch in der Liga. Nach den Pleiten in Glasgow, Wolfsburg und Salzburg kommt das Team von Trainer Ralf Rangnick beim SC Freiburg mit 0:3 unter die Räder. "So funktioniert es nicht: Wenn du auswärts immer verlierst, wird es oben irgendwann eng", sagte Mittelfeldspieler Marcel Sabitzer. "Wir müssen daran arbeiten, dass wir auch auswärts Punkte holen." In Freiburg ging das am Samstag gehörig schief – schon nach zwölf Minuten traf Nils Petersen zum 1:0.

Andreas Luthe hatte einen eher unangenehmen Samstagnachmittag.

Das hätte den Sachsen eine Warnung sein können: Schon bei den vorherigen Niederlagen hatten sie nie geführt. Harmlose Leipziger hatten anschließend keine Ideen mehr. Oder wie Sabitzer enttäuscht sagte: "Wir haben heute nix mit Fußball am Hut gehabt." Rangnick brachte das in Rage: "Wir haben verdient verloren. Freiburg hat verdient gewonnen." Und: "Mit Ausnahme der ersten zehn Minuten haben wir nicht gut gespielt. Vor allem das Spiel gegen den Ball war schwach." Konsequenz: Leipzig steht nun auf Platz vier in der Tabelle, hinter dem FC Bayern. Rangnick sieht ein grundlegendes Problem: "In solchen Spielen, in denen es über den Kampf geht und von vornherein klar ist, dass man nicht den Schönheitspreis gewinnen kann – da tun wir uns schwer. Auch wenn wir in Rückstand geraten." Bis Weihnachten haben die Leipziger noch vier Ligaspiele vor sich, nur eins davon auswärts. Das allerdings in München.

4. Zweikampf um "Pechvogel des Spieltags"

Das passiert eher selten: Zwei Fußballer kämpfen um den Titel "Pechvogel des Spieltags". Wenn auch aus verschiedenen Gründen. Während sich Augsburgs Torhüter Andreas Luthe nach einem Zusammenstoß mit Leverkusens Kevin Volland Schmerzen zufügt, begeisterte sich Hoffenheims Ermin Bicakcic für sein Eigentor. "Geiles Ding, ey!", kommentierte er seinen Treffer für den VfL Wolfsburg. Nach scharfer Hereingabe von Wolfsburgs Daniel Ginczek traf er per Flugkopfball an seinem Torhüter Oliver Baumann vorbei. Trainer Julian Nagelsmann nahm ihn in Schutz: "Wenn er den Ball durchlässt, ist er auch drin." Dumm für Bicakcic, dass er 180 Sekunden später einen Schuss von Ginczek so unglücklich abfälschte, dass der ebenfalls im eigenen Tor landete. Am Ende blieb den Hoffenheimern so beim 2:2 nur ein Punkt.

Nichts für schwache Nerven war die Szene in der 30. Minute in Leverkusen. Augsburgs Torhüter Luthe warf sich dem heranstürmenden Kevin Volland entgegen – und bekam mit voller Wucht das Knie des Leverkuseners an den Kopf. Er blieb benommen liegen und musste behandelt werden, spielte dann aber weiter. Nach der Partie gab er fleißig Interviews, obwohl: "Ich habe mir auf die Zunge gebissen. Ein Stück ist abgerissen und hängt runter. Ich habe immer wieder Blut ausgespuckt. Irgendwann hat es aufgehört zu bluten. Aber wenn ich sauge, kommt immer noch was." Immerhin erkannte er: "Das ist nichts fürs TV-Bild."

5. Urgestein der Liga bekommt kein Geburtstagsgeschenk

Wie gut, dass es an diesem Spieltag kein Montagsspiel gibt, womöglich noch mit Düsseldorf. Sonst hätte Friedhelm Funkel an seinem Geburtstag an der Seitenlinie stehen müssen. 65 Jahre wird er heute alt. Wir betonen das, obwohl der älteste Trainer der Liga nach dem 1:3 Werder Bremen sagte: "Zum Glück haben sie jetzt nicht das Alter genannt." Seit mehr als 45 Jahren ist Funkel im Geschäft, über 1000 Spiele hat er als Trainer und Spieler in den ersten beiden Profiligen Deutschlands absolviert. Die Fortuna ist seine zehnte Station als Trainer.

Ob's da von Florian Kohfeldt schon verfrühte Geburtstagswünsche gab? Friedhelm Funkel,

Zuvor arbeitete er in Uerdingen, Duisburg, Rostock, Köln, Frankfurt, Berlin, Bochum, Aachen und München. Mit der Fortuna stieg er in der vergangenen Saison auf, steht nun aber auf dem letzten Platz der Tabelle. Der Älteste der Liga ist er, alt aber bestimmt nicht. In Bremen rieb er sich wie ein junger Wilder auf. Und meckerte: "Das ganze intensive Spiel von uns wird kaputt gemacht durch individuelle Fehler. Es ist zu viel, was wir an Gegentoren bekommen." Seinem Team machte er dennoch Mut: "Wir werden bis zur Winterpause noch den ein oder anderen Punkt holen." Das wünschen wir ihm jetzt einfach zum Geburtstag.

6. Deutscher Nachwuchs fehlt in der Bundesliga

"Die deutschen Spieler beim BVB bleiben momentan ein bisschen auf der Strecke." Das bemängelte Bundestrainer Joachim Löw im Sportstudio des ZDF. Mario Götze, Julian Weigl, Mahmoud Dahoud und Maximilian Philipp – sie alle gehören zum Kreis potenzieller DFB-Spieler. In Dortmund sitzen sie aber meist auf der Bank. Löw sagte: "Marco Reus ist der einzige deutsche Spieler, der derzeit beim BVB gesetzt ist." Auch den anderen Teams fehlten gute deutsche Nachwuchsspieler. Einzig Leverkusens Kai Havertz rage aus den jungen Jahrgängen heraus. Nun ist es sicherlich nicht die Absicht der Klubs, die besten deutschen Spieler zu ignorieren.

BVB-Sportdirektor Michael Zorc hatte im Interview mit der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" das Problem so umrissen: "Im Moment kommen auf jeden Deutschen, ehrlich gesagt, zwei interessante Franzosen, zwei interessante Engländer und Spanier sowieso." Und weiter: "Hier müssen alle wieder verstärkt ansetzen. Das ist ein Problem, das den deutschen Fußball in den kommenden Jahren beschäftigen wird."

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