Thursday, 28th March 2024
28 März 2024

Opposition in Ungarn belagert staatliches Fernsehen

Viele Ungarn gehen wegen geplantem Arbeitsgesetz auf die Straße

Auch am Sonntag gingen wieder Tausende Menschen in Ungarns Hauptstadt Budapest auf die Straße. Auslöser der Proteste ist ein neues Arbeitsgesetz, das mehr Überstunden zulässt. Es soll Arbeitgebern ermöglichen, von ihren Angestellten bis zu 400 Überstunden pro Jahr verlangen zu können.

Viele Ungarn gehen wegen geplantem Arbeitsgesetz auf die Straße


Die Demonstrationen gegen die Regierung in Ungarn lassen nicht nach. Oppositionsabgeordnete verschanzen sich im Fernsehgebäude. Wie lange wird man sie dort ausharren lassen?

Die seit Tagen anhaltenden Proteste gegen die Regierung des rechtsnationalen Ministerpräsidenten Viktor Orban verlagern sich zusehends zum Sitz des staatlichen Fernsehens (MTV). 13 Oppositionsabgeordnete hatten sich nach der letzten Demonstration der Regierungsgegner am späten Sonntagabend Zutritt zu dem Gebäude verschafft und die Nacht und den folgenden Tag dort verbracht.

Am Montagnachmittag forderte die Polizei die Abgeordneten auf, das Gebäude zu verlassen. Diese weigerten sich jedoch, der Aufforderung Folge zu leisten. Wie Bilder von Handy-Kameras zeigten, legten sie sich zeitweise auf den Boden, um ein gewaltsames Abführen zu erschweren. Die Beamten sahen jedoch vorerst davon ab.

Zuvor hatten die Politiker vergebens gefordert, im Fernsehen eine Petition der Demonstranten verlesen zu können. Auch wurde ihnen jeder Zutritt zu Studios und Redaktionen verwehrt. Zwei der Abgeordneten waren bereits am Montagmorgen vom privaten Sicherheitsdienst des Fernsehens gewaltsam aus dem Gebäude geworfen worden.

Es kam zu mehreren Zusammenstößen

Am Montag kam es vor dem MTV-Sitz zu Rangeleien zwischen Sicherheitsleuten und weiteren Abgeordneten, die als Volksvertreter Zutritt zur öffentlich-rechtlichen Sendeanstalt verlangten. Auch im Gebäude kam es zu Zusammenstößen. Der Abgeordnete Agnes Vadai und Laszlo Varju von der linken Demokratischen Koalition (DK) wurden leicht verletzt.

Zuvor waren am Sonntagabend mehr als 10.000 Menschen auf die Straße gegangen, um gegen die Regierung Orban zu demonstrieren. Es war der vierte Protest in fünf Tagen. Anlass war eine am vergangenen Mittwoch im Parlament beschlossene neue Überstundenregelung. Sie sieht vor, dass Arbeitgeber von ihren Mitarbeitern bis zu 400 Überstunden im Jahr verlangen können. Kritiker sprechen von einem „Sklavengesetz“.

Zu Themen der Proteste wurden aber auch andere Missstände unter der Orban-Regierung, darunter die einseitige regierungsfreundliche Berichterstattung des staatlichen Rundfunks, die Einschränkung der Wissenschaftsfreiheit und die Korruption rund um hochrangige Regierungsvertreter und ihre Familien.

Die Demonstranten fordern eine unabhängige Justiz

Die Petition der Demonstranten, die die Abgeordneten im Fernsehen verlesen wollten, umfasst fünf Punkte. Die Forderungen beinhalten die sofortige Rücknahme des Überstundengesetzes, die Reduzierung der Überstunden für Polizisten, eine unabhängige Justiz, den – von der Regierung bisher abgelehnten – Beitritt Ungarns zur geplanten Europäischen Staatsanwaltschaft und unabhängige öffentlich-rechtliche Medien. 

Der Direktor der staatlichen Medien-Holding MTVA, Daniel Papp, beschuldigte die Abgeordneten, ihre Rechte missbraucht zu haben, um den Sendebetrieb zu stören. Infolgedessen habe das Sicherheitspersonal Gewalt anwenden müssen, behauptete Papp in einer Erklärung, die das regierungsnahe Portal „origo.hu“ veröffentlichte.

  • Demonstrationen in Ungarn:

Die MTVA ist die Dach-Holding für das staatliche Fernsehen, das staatliche Radio und die Nachrichtenagentur MTI. Sie hat ihren Sitz gleichfalls im Fernsehgebäude. Papp hatte sich die ganze Zeit über geweigert, die Abgeordneten zu treffen. Für den Montagabend riefen Oppositionelle und Vertreter der Zivilgesellschaft zu einem weiteren Protest vor dem Fernsehgebäude auf.

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