Thursday, 18th April 2024
18 April 2024

„Was Joko und Klaas machen, ist oft hochgradig gefährlich“

Seine Karriere startete Elton als Praktikant von Stefan Raab bei „TV Total“. Heute ist er froh, rechtzeitig den Absprung aus dem Anarcho-TV geschafft zu haben. Ins Fernsehen wollte er „eigentlich nie so richtig“. 0

Mit Anfang 30 wurde Elton „Showpraktikant“ bei Stefan Raab und „TV Total“. Seine Ausbildung dort war so hart und oftmals peinlich, wie es der Name Raab vermuten lässt. Er musste sich mit Kuchen bewerfen lassen, seinen nackten Hintern in die Kamera halten und waxen lassen. Nach dem TV-Abschied von Stefan Raab im Jahr 2015 war zunächst unklar, wie es für Elton weitergeht. Heute ist er 47 Jahre alt, moderiert im ZDF die Kultsendung „1, 2 oder 3“ und bekommt nun mit „Alle gegen einen“ bei ProSieben seine eigene Samstagabendshow.

WELT: Bei „TV Total“ mussten Sie sich den Hintern waxen lassen, „Elton vs. Simon“ war auch oft wie ein gefilmter Junggesellenabschied . Ihr Sohn ist 17, Ihre Tochter elf. Sind Sie froh, dass Ihre Kinder diese Phase Ihrer Karriere nicht so bewusst mitbekommen haben?

Elton: Die Kleine hat zum Glück nicht gesehen, was ich so bei „Elton vs. Simon“ gemacht habe. Der Große aber teilweise doch, dass war dem schon unangenehm. Auch wenn ich beim „TV Total“-Turmspringen nicht unbedingt ästhetisch vom Turm gefallen bin und er am nächsten Tag in der Schule darauf angesprochen wurde: „Hömma, was dein Vadder da wieder gemacht hat.“ Das fand er nicht ganz so cool. Deswegen ist er froh, dass ich jetzt mehr oder weniger im seriösen Business bin.

WELT: Was ist der Unterschied zwischen dem Elton im Fernsehen und der Person zu Hause?

Elton: Es gibt, glaube ich, gar nicht so einen großen Unterschied. Ich bin privat auch manchmal ein bisschen schusselig, bisschen schwer von Begriff und auch ein bisschen lustig. Natürlich lasse ich mich da nicht mit Kuchen bewerfen und krieche nicht durch den Matsch. Wobei ich im Vergnügungspark auch albern bin und die Kinder sagen: „Och Papa, jetzt lass es doch mal.“

WELT: Viele Formate mit Ihnen wie „Elton vs. Simon“ waren so ein bisschen Anarcho-TV. Ist diese Zeit vorbei heute?

Elton: Joko und Klaas machen mit „Duell um die Welt“ schon noch Anarcho-TV. Das Problem ist nur, dass sie immer extremer werden und aus Zuschauersicht wohl auch müssen. Das finde ich nicht ganz so cool. Diese Entwicklung, sich immer weiter steigern zu müssen, haben wir bei „Elton vs. Simon“ auch gemerkt. Deswegen bin ich froh, dass wir rechtzeitig aufgehört haben. Wir haben zwar auch schon extreme Sachen gemacht, aber was die beiden machen, ist ja schon oft hochgradig gefährlich. Ich glaube, der Zuschauer will das immer noch sehen. Action- und Comedy-Shows. Deswegen hoffe ich, dass die beiden das weitermachen. Aber ich muss das nicht mehr unbedingt haben.

WELT: Mit „Alle gegen einen“ unternehmen Sie einen neuen Versuch, eine erfolgreiche Samstagabendshow zu etablieren. Was hat die Sendung, damit das gelingen kann?

Elton: Einiges, meiner Meinung nach. Da es eine Live-Sendung ist, bleibt es immer spannend, ob die Experimente, die wir da probieren, überhaupt funktionieren. Deutschland kann mit einer App mitspielen und bis zu 100.000 Euro gewinnen. Dafür muss man nicht mal viel tun, sondern einfach nur mitraten und mitschätzen. Diese drei Aspekte spielen eine große Rolle in der Show. Ich hoffe, dass das Publikum das so annimmt, wie ich jetzt Bock darauf habe.

WELT: Es ist also eine Live-Show mit Stunts, die schiefgehen können. Könnte also eine gewisse Sensationsgeilheit der Zuschauer zum Erfolgsrezept werden?

Elton: Natürlich kann ein Experiment auch mal schiefgehen, aber darum geht es nicht in dieser Show. Unser Kandidat und TV-Deutschland sollen um die Wette schätzen, wie die Versuche ausgehen, wer näher am Ergebnis dran ist, gewinnt die Runde. Klar ist: Wir senden live, da kann immer alles passieren.

WELT: Ihre Show „Millionärswahl“ ist damals gescheitert, auch „Schlag den Henssler“ wurde gerade nach enttäuschenden Quoten eingestellt. Spüren Sie nun Druck, erfolgreich zu sein?

Elton: Eigentlich nicht, es geht ja doch irgendwie nahtlos weiter. Am 8. Dezember moderiere ich wieder „Schlag den Star“ und auch nächstes Jahr weitere sechs Folgen. Außerdem moderiere ich ja noch „1, 2 oder 3“ und bin bei „Wer weiß denn sowas?“ an Bord.

WELT: Früher waren Sie der ewige Praktikant, ein Sinnbild der „Generation Praktikum“. Wäre es heute noch möglich, so eine Karriere zu starten?

Elton: Praktika finde ich allgemein nützlich, egal in welchem Job. Reinschnuppern und gucken: Ist das was für mich oder nicht? Gerade im Medienbereich ist das Praktikum immer gut, um weiterzukommen, Erfahrungen zu sammeln und Ehrgeiz zu zeigen. Es kommen immer viele Leute auf mich zu und sagen: „Oh, ich will unbedingt ins Fernsehen, was kann ich machen?“ Ich kann dann eigentlich immer nur sagen: Ruhe bewahren. Ich wollte ja eigentlich nie richtig ins Fernsehen. Ich wollte schon irgendwas mit Medien machen, aber tatsächlich eher im Redaktionsbereich. Dann bin ich da eher so reingerutscht. Aber ich habe nie gesagt: Ich will das unbedingt. Das ist vielleicht der Fehler von einigen. Lieber was ausprobieren und meinetwegen bei der Lokalzeitung anfangen zu schreiben und zu recherchieren und dann immer größer und besser werden.

WELT: Zu einem Praktikum gehört auch dazu, dass man nicht weiß, was daraus wird und ob es wirklich zu etwas führt. Wann war bei Ihnen der Punkt erreicht, an dem Sie dachten: Ich habe es wirklich geschafft?

Elton: In der Anfangszeit bei „TV Total“ habe ich unter der Woche redaktionell mein Praktikum gemacht, habe aber meinen damaligen Job bei Hamburg 1 in Hamburg nicht aufgegeben, weil ich nicht wusste, ob das funktioniert. Dann haben wir ein paar Einspieler mit mir für „TV Total“ gedreht, die Stefan live vor Publikum gezeigt hat. Als Stefan sagte: „So, passen Sie auf. Wenn Ihnen das gefallen hat, dann klatschen Sie jetzt. Und wem das nicht gefallen hat, der klatscht bitte jetzt nicht.“ Da hat dann keiner geklatscht, und es war mucksmäuschenstill. Es hatte also allen gefallen. Dann haben wir zwei, drei weitere Sachen ausprobiert, und man konnte ja bei Quotenmessungen sekundengenau sehen, dass die funktionierten. Nach einem halben Jahr habe ich dann meinen Job in Hamburg gekündigt und bin nach Köln gezogen. Dass das noch so lange funktioniert und ich so eine Kultsendung wie „1, 2 oder 3“ moderieren darf, damit habe ich aber nie gerechnet.

WELT: Stefan Raab feiert gerade mit einer Reihe von Live-Shows in Köln sein Comeback. Nicht im TV, aber vor Publikum. Bei der ersten Show waren Sie dabei.

Elton: Der Mann sprüht noch vor Ideen und kann auch noch nicht vom Auftritt vor Publikum loslassen. Jede Show wird anders sein, weshalb ich auch nur bei der ersten dabei war. Ich war schon ein bisschen wehmütig. Stefan wieder live gegenüberzustehen, die Heavy Tones spielen den alten Jingle, und sich mit allen daran zu erinnern, wie geil das früher eigentlich war. Gleichzeitig bin ich aber auch sehr stolz und glücklich, dass ich diese Zeit und den Erfolg miterleben durfte.

WELT: Raab war nach dem Ende von „TV Total“ drei Jahre von der Bildfläche verschwunden. Kann so eine TV-Pause helfen, besser zurückzukommen?

Elton: Gerade dieses Jahr habe ich sehr viel zu tun. Mit über 150 Folgen „Wer weiß denn sowas?“, die Sendungen „Schlag den Henssler“, nun „Alle gegen einen“ live, „1, 2 oder 3“ und noch ein paar anderen Sendungen, die immer irgendwie dazukommen. Da sagt man sich schon manchmal: Ah, nächstes Jahr vielleicht doch ein bisschen ruhiger treten. Vor allem die Familie leidet ja darunter. Ich bin kaum zu Hause. Die Frau mag auch manchmal ein bisschen froh darüber sein (lacht). Aber wenn die Kids Schulprobleme haben, ist es natürlich blöd, nur über Skype über Mathe zu reden, wenn man sich selbst noch mal reinfuchsen muss. Das ist ein Problem. Man soll natürlich froh sein, wenn man so viel zu tun hat, deswegen klopfe ich mal eben auf Holz. Aber es schlaucht schon.

WELT: In den 2000ern hat das junge Publikum regelmäßig Fernsehen geguckt. Heute schauen sie eher YouTube. Glauben Sie, dass Sie die junge Zielgruppe noch erreichen?

Elton: Ich denke schon. Ich sehe natürlich auch bei uns zu Hause, dass viel YouTube und Netflix geschaut wird. Aber speziell Shows am Donnerstag- oder Samstagabend werden bei uns noch zusammen geguckt. Andere Sachen guckt man sich tatsächlich in der Mediathek oder eher gar nicht an. Aber Shows wie „Klein gegen Groß“ von Kai Pflaume schauen wir mit der ganzen Familie. Oder so Klassiker wie „Germanys Next Topmodel“ oder „The Voice Kids“ guckt sich die Kleine im TV an und nicht in der Mediathek. So etwas muss man ja auch live gucken. Das ist ja wie mit Fußball. Das ist am Tag danach auch kalter Kaffee. Deswegen finde ich Live-Shows sehr wichtig, und die werden auch immer noch gut angenommen.

WELT: Haben Sie nach dem Scheitern von Shows wie „Schlag den Henssler“ manchmal Angst davor, dass die Zuschauer einen irgendwann einfach nicht mehr sehen wollen?

Elton: Natürlich hat man diese Angst. Die hat man aber von Anfang an. Bis jetzt ist es zum Glück immer noch gut gegangen, und es gab immer noch andere und neue Formate, die ich dann ausprobieren durfte. Aber man muss sich klarmachen, dass es irgendwann eventuell nicht mehr so viele Shows mit einem gibt oder vielleicht sogar gar keine. Dafür kennt man zu viele Kollegen, die das schon durchgemacht haben. Damit muss man rechnen. Bis ich 50 bin, sind es noch drei Jahre. Wenigstens bis dahin sollte es hoffentlich, bitte, bitte, noch funktionieren.

WELT: Sie haben also nicht das Gefühl, dass Sie die Zuschauer bald nerven könnten?

Elton: Mich wundert das ja selber. Durch „Wer weiß denn sowas?“, „1, 2 oder 3“ und auch die ProSieben-Shows bin ich, wenn man die Wiederholungen auf den Dritten Programmen mitrechnet, fast täglich im Fernsehen. Da ist es für mich selber überraschend, wenn die Leute sagen: „Ach, ich hab dich gestern wieder gesehen. Ich freu mich auf die nächste Show.“ Obwohl ich so oft mein Gesicht in die Kamera halte. Das freut mich.

WELT: Da Sie es ansprechen: Sie sind jetzt 47. Wie geht es Ihnen mit dem Älterwerden?

Elton: Ich werde manchmal gefragt, mach doch noch mal so was wie „Elton vs. Simon“ oder mach doch mal „Schlag den Elton“. Aber viele körperliche Sachen möchte ich einfach nicht mehr machen. Nicht nur von meiner Statur her, sondern auch vom Alter. Klar, ich werde bald 50. Aber an sich ist das nur eine Zahl. Ich sitze trotzdem noch zu Hause rum und spiele Fifa. Und wenn ich verliere, schmeiße ich den Controller weg und benehme mich im Prinzip wie mein Sohn. So richtig alt werden wir Männer doch nie. Wir bleiben doch immer Kinder und wollen immer weiter experimentieren.

WELT: Apropos Älterwerden: Sie setzen sich auch oft für ernste Themen ein. Bei St. Pauli spielen Sie zum Beispiel beim Benefizkick für sauberes Wasser in Afrika, auch beim Abschiedskick von Per Mertesacker waren Sie für den guten Zweck dabei.

Elton: Durch meine verschiedenen Sendungen habe ich schon eine sehr große Bandbreite an Zuschauern. Die Kids und ihre Eltern bei „1, 2 oder 3“, die Jugendlichen mit den ProSieben-Shows und die Älteren mit „Wer weiß denn sowas?“. Ich kann also viele Leute mit diesen Aktionen erreichen, und das werde ich auch immer weiter tun. Solche Fußballspiele zum Beispiel machen mir ja auch Spaß. Und als Prominenter kann man so auch was erreichen.

WELT: Haben Sie das Gefühl, die Gesellschaft so zum Positiven zu beeinflussen?

Elton: Das hoffe ich doch sehr. Diesen Glauben sollte man nie aufgeben, wenn man für eine gute Sache kämpft. Auch wenn ich nur einen oder zwei erreiche, ist das schon ein Erfolg. Das sollte man immer wieder versuchen.

WELT: In Deutschland passiert gerade an sehr vielen Fronten sehr viel, auch politisch. Was denken Sie, wenn Sie diese Entwicklungen sehen?

Elton: Es passieren gerade in mehreren Bundesländern Sachen, die sehr merkwürdig sind. Ich finde es politisch gerade schade, dass sich niemand zusammenreißt und sagt: „Wir setzen uns jetzt zusammen, da ist einiges schiefgelaufen.“ Stattdessen zerfleischen sie sich schon wieder. Jeden Tag eine Rücktrittsforderung. Es gibt eigentlich nur ein Ziel, und zwar die rechtspopulistischen Parteien so gut es geht auszuschließen. Und wenn wir schon politisch werden: Die Sozis, die wahren Sozis, sollen sich wieder auf ihre alten Tugenden beschränken und wieder mehr ans Volk denken, an die Arbeiter und nicht nur an die Macht.

Elton startet am Samstag, 20. Oktober, um 20.15 Uhr mit seiner neuen Show „Alle gegen einen“ auf ProSieben.

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