Thursday, 28th March 2024
28 März 2024

Erdnussallergiker bekommt allergischen Schock – ohne je eine Erdnuss gegessen zu haben

Ein Erdnussallergiker erleidet eine Reaktion, obwohl er sich an keine Nuss im Essen erinnern kann. Das Problem liegt in der Familie – nicht der des Mannes, sondern der Erdnuss.

Erdnüsse sind streng genommen keine Nüsse, sondern Hülsenfrüchte

Der 29-Jährige kam zur Abklärung in die Allergologie-Ambulanz Borstel. Einige Tage zuvor hatte er einen schweren allergischen Schock erlitten. Dass er stark auf Erdnüsse reagierte, wusste er seit seiner Kindheit. Nur war ihm nicht bewusst, sie in irgendeiner Form gegessen zu haben. „Der Patient war schon zur Blutabnahme einbestellt, weil er bei uns an einer Erdnussallergie-Studie teilnahm“, sagt Uta Jappe, Laborleiterin am Forschungszentrum Borstel und Leiterin der Lübecker Allergie-Ambulanz am Uniklinikum Schleswig-Holstein.

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Sie erinnert sich, wie der Mann kurz vor dem Termin besorgt anrief: Sein Gesicht sei angeschwollen, und er habe kaum noch Luft bekommen. Er habe offenbar stark auf etwas reagiert, vermutlich auf ein Eis. „Ich bat ihn, mir am Telefon kurz die Zutatenliste vorzulesen. Danach hatte ich einen Verdacht“, so Jappe.

Ein paar Tage später kam der Patient in die Ambulanz, gab mehrere Blutproben ab und brachte die Reste der verdächtigen Packung mit. Es handelte sich um ein veganes Vanilleeis ohne Hinweis auf Erdnüsse. Im Labor wurden Extrakte aus dem Eis untersucht und die Blutproben des Mannes mit verschiedenen Allergenen in Kontakt gebracht. Die Tests ergaben, dass das Eis in der Tat Allergene enthielt, auf die der Mann reagiert hatte – aber nicht von Erdnüssen, sondern von Lupinen.

Beliebte Zutat birgt Risiken für Allergiker

Ein buntes Sortiment von Lupinen-Produkten hat in den letzten Jahren Bio- und Supermärkte erobert: Pasta, Gebäck, Bratlinge, Tofu, Quark, Joghurt oder Süßwaren mit Mehl oder Eiweiß aus Lupinensamen. Vor allem die Blaue Lupine wird in der Lebensmittelproduktion genutzt, weil sie recht krankheitsresistent ist. Veganer schätzen ihr hochwertiges Eiweiß im Fleischersatz, Sportler erhoffen sich von ihr Muskelaufbau. Protein aus Lupinen wird Milch und laktosefreiem Eis zugesetzt, ist aber anders als Sojaeiweiß gentechnikfrei produziert und somit auch für Agrarkritiker essbar. Der Haken: Lupinen zählen wie Erdnüsse und Sojabohnen zu den Hülsenfrüchtlern und enthalten ähnlich strukturierte Eiweiße. Daher können auch sie eine Allergie auslösen.

Laut einer Studie des Robert Koch-Instituts gelten vier Prozent der Erwachsenen in Deutschland als sensibilisiert gegen Lupine. Möglicherweise sind es aber mehr: „Ein Teil der Erdnussallergiker leidet ohne es zu wissen auch an einer Allergie gegen Lupine. Viele Lupinenallergiker fallen außerdem erst spät auf. Vermutlich dann, wenn sie als Erwachsene ihre Ernährung umstellen und plötzlich mehr Lupinenprodukte verzehren“, sagt Uta Jappe. Das betrifft zum Beispiel Veganer, aber auch Zöliakie-Patienten: Sie weichen oft auf Brote und Kekse mit Lupinenmehl aus, die im Gegensatz zu Weizenbackwaren kein Gluten enthalten. Auch für Milcheiweiß- und Weizenallergiker werden Austauschprodukte mit Lupinenprotein angeboten.

Seit 2007 muss die Pflanze auf allen Lebensmitteln als Allergen deklariert werden. Eine Kennzeichnung kann aber nur die schützen, die wissen, dass sie ein Problem haben. Daher sollten zum Beispiel Erdnussallergiker über Kreuzallergien aufgeklärt werden, so Uta Jappe. Um eine Kreuzallergie auf Lupine sicher ausschließen zu können, sollte unter ärztlicher Aufsicht Lupine verzehrt werden (orale Provokationstestung). „Kaum jemand hat Lupinen bisher als Allergen auf dem Zettel. Die meisten denken dabei immer noch eher an die hübsche blaue Blume aus dem Garten.“

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